Erziehung zu internationaler Verständigung und Frieden

Statements

Erziehung zu internationaler Verständigung und Frieden

Internationales Symposium

Barcelona, Spain—7 July 1986

In der “Verheißung des Weltfriedens”, einer vor kurzem vom Universalen Haus der Gerechtigkeit, dem internationalen Führungsgremium der Bahá’í-Weltgemeinde, an die “Völker der Welt” gerichteten Erklärung, sind die vielerlei Herausforderungen umrissen, denen wir Erdenbewohner mit klarem Verstand begegnen müssen, um sowohl unseren eigenen Charakter, als auch den unserer gesellschaftlichen Beziehungen umzugestalten, ehe wir den Weltfrieden und über diesen ersten Schritt hinaus die Einigung der Menschheit erreichen können.

Man kann sich zwar vorstellen, daß morgen die Führer der Nationen dieses Planeten zum Wohle der gesamten Menschheit die allgemeine und komplette Abrüstung, die Einheit und den Frieden vereinbaren könnten. Möglich ist es. Aber selbst wenn solch ein Wunder geschehen sollte und die Nationen überein kämen, jeden Kampf einzustellen und in Freundschaft zu leben, was für Menschen, so möchten wir fragen, würden dann diesen friedlichen Planeten bewohnen?

Die Antwort ist natürlich klar: die selben Menschen, die in ihrem heute dürftig entwickelten sittlichen und geistigen Charakter Vorurteile hegen, die die Flamme der Diskriminierung kräftig am Leben halten, die für andere und sich selbst Unheil produzieren – sie würden diese Welt ohne Krieg bewohnen.

Es ist in diesem kurzen Arbeitspapier nicht möglich, die Bestandteile eines Erziehungsprogramms, das die volle Entfaltung der Fähigkeiten der Menschen vorsieht, wissenschaftlich zu untersuchen. Die Erwähnung einiger grundlegender Erfordernisse muß daher genügen.

Die “Verheißung des Weltfriedens” bemerkt: “… die Abschaffung des Krieges ist nicht einfach eine Sache der Unterzeichnung von Verträgen und Protokollen. Es ist vielmehr eine vielschichtige Aufgabe, die auf neuer Ebene den Einsatz erfordert, Probleme zu lösen, die üblicherweise nicht mit dem Streben nach Frieden in Verbindung gebracht werden.”

Die in der Erklärung beschriebenen beherrschenden Kernpunkte zur Lösung der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schlüsselprobleme, deren weiterwirkende Ungerechtigkeit die Uneinigkeit schürt, sind Rassismus, der krasse Unterschied zwischen reich und arm, zügelloser Nationalismus und religiöser Hader. Außerdem verlangt das Friedensziel die Gleichstellung der Frau, universelle Bildung und die Annahme einer internationalen Hilfssprache. Eine Korrektur oder Neueinrichtung dieser Bedingungen in der Welt ist unbedingt erforderlich, denn “Die Vorstellung kollektiver Sicherheit bleibt eine Chimäre, wenn sie allein auf politischen Abmachungen beruht.”

Als zweiter wichtiger Punkt muß berücksichtigt werden, daß “die Herausforderung bei der Behandlung der Friedensfrage darin besteht, daß die Zusammenhänge vom reinen Pragmatismus auf die Ebene der Prinzipien gehoben werden müssen, denn

“der Frieden erwächst dem Wesen nach aus einem inneren Zustand, getragen von einer geistigen oder ethischen Einstellung, und es geht vor allem darum, diese Einstellung wachzurufen, damit sich die Möglichkeit zu dauerhaften Lösungen findet.”

Wir Bahá’í meinen: “Die Hauptfrage, die es zu lösen gilt, lautet, wie die heutige Welt mit ihren tiefsitzenden Konfliktstrukturen in eine Welt verwandelt werden kann, in der Eintracht und Zusammenarbeit vorherrschen.” Der Schlüssel liegt in der Einheit der Menschheit.

Weltweite Erziehung ist dafür verantwortlich, vom Zustand des Erkennens der Einheit der Menschheit zum Entstehen brauchbarer Verhältnisse hinzuführen, in denen diese Einsicht zur Gegebenheit des Alltagslebens wird. Unwissenheit, das haben wir erlebt,

“ist unbestreitbar der Hauptgrund für den Abstieg und Untergang der Völker und für das Fortbestehen von Vorurteilen.”

Jedes weltweite Erziehungs-programmes für Verständigung und Frieden sollte sicherstellen, daß die Einheit der Menschheit

…weltweit verkündet, in den Schulen gelehrt und in jedem Land beharrlich zur Geltung gebracht. (wird)… als Vorbereitung auf den durch … (sie) … bedingten organischen Wandel der Gesellschaftsstruktur.

Hier liegt die Herausforderung an uns. Es ist ein Wandel, den die Bahá’í-Gemeinden in über 140 unabhängigen Staaten intensiv

zu erreichen bemüht sind. Heute widmet sich die Bahá’í-Weltgemeinschaft mit drei bis vier Millionen Mitgliedern aus vielen Kulturkreisen, Klassen und Glaubensrichtungen in einem breiten Tätigkeitsspektrum den geistigen, sozialen und wirtschaftlichen Nöten der Völker vie ler Länder. Ihr Einsatz bei der Erziehung zu internationaler Verständigung und Frieden beginnt, Früchte zu tragen und liefert ein Zeugnis dafür, “daß die Menschheit als globale Gesellschaft leben kann und jeder Herausforderung, die ihr Eintritt in das Mündigkeitsalter mit sich bringt, gewachsen ist.”